Der Kampf um den Zugang zur Grundversicherung der nicht-ärztlichen Psychotherapeut:innen hat zuletzt die Verwirrung um die verschiedenen Berufsgruppen und Fachtitel vergrössert. Soll ich nun zur Ärzt:in, Psychiater:in, Psycholog:in oder Psychotherapeut:in? Sogar Ärzt:innen in Kliniken kennen sich nicht unbedingt damit aus, und die NZZ als führendes Blatt schreibt es falsch in diesem Artikel.
Selbständig den Beruf ausüben und über die Grundversicherung abrechnen dürfen seit diesem Jahr sowohl Psychiater:innen als auch Psychotherapeut:innen, nicht aber Ärzt:innen und Psycholog:innen ohne Fachtitel.
Aber erst mal eine Erklärung der Begriffe
Ärzt:in, Psychiater:in, Psycholog:in oder Psychotherapeut:in
Wie wird man Ärzt:in?
Ein zukünftiger Arzt oder eine Ärztin studiert sechs Jahre Medizin an der Universität und legt dann die Prüfung zum Master of Medizin ab. Ausserdem bekommt sie oder er das Eidgenössische Arztdiplom. Damit kann die Weiterbildung in einer Spezialrichtung begonnen werden. Das kann zB Innere Medizin, Neurologie oder Psychiatrie sein. Die Weiterbildung wird mit der Facharzprüfung abgeschlossen und führt zum eidgenössischen Titel Fachärzt:in für …. Denn mit dem Eidgenössischen Arztdiplom kann der Beruf noch nicht selbständig ausgeübt werden. Früher war es üblich und viel einfacher eine Dissertation zu schreiben und den Titel Dr. med. zu erwerben. Heute ist der damit verbundene grosse Aufwand nicht mehr für alle das Ziel.
Wie wird man Fachärzt:in?
Erst mit dem Erwerb des Fachtitels in der gewählten Spezialisierung darf der Beruf selbständig ausgeübt werden. In unserem Bereich ist der eidgenössische Fachtitel Fachärzt:in für Psychiatrie und Psychotherapie oder Fachärzt:in für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie. Heute berechtigt ausschliesslich dieser Fachtitel zur selbständigen Ausübung des Berufes.. Früher waren die Titel der Fachgesellschaft FMH massgeblich gewesen. Für den Fachtitel nötig sind weitere fünf Jahre Weiterbildung in einer anerkannten Therapiemethode (Psychoanalyse, Verhaltenstherapie, systemische Therapie). Dazu parallel arbeiten sie fünf Jahre praktisch im Fachbereich (ein Jahr in einem anderen Fachbereich) als Assistenärzt:in.
Welche Titel, Fachtitel und Berufsausübungsbewilligungen eine Ärzt:in hat, lässt sich in medregom, dem Medizinalberuferegister der Schweizerischen Eidgenossenschaft nachsehen. Die Titel sind geschützt.
Wie wird man Psycholog:in?
Das Studium in Psychologie an der Universität dauert sechs Jahre. Es schliesst mit dem Titel Master of Science in Psychologie ab. Damit ist jemand berechtigt, den Titel Psycholog:in zu führen. Dieser Titel berechtigt nicht zur selbständigen Berufsausübung als Psychotherapeut:in und nicht zur Abrechnung über die Grundversicherung der Krankenkassen. Hingegen kann damit die Ausbildung zu einem Fachtitel begonnen werden, zB in Neuropsychologie, Sportpsychologie oder auch Psychotherapie.
Wie wird man Psychotherapeut:in?
Für den Fachtitel als Psychotherapeut:in werden vier bis sechs Jahre Weiterbildung in Psychotherapie verlangt. Die Weiterbildung in einer Therapiemethode ist die selbe wie diejenige der Ärzt:innen wenn sie Fachärzt:in in Psychiatrie und Psychotherapie werden wollen. Parallel dazu werden mindestens drei Jahre praktische Tätigkeit als Assistenzpsycholog:innen gefordert. Der vom Bund verliehene Titel lautet eidgenössisch anerkannte:r Psychotherapeut:in. Ausschliesslich dieser berechtigt, selbständig in der Diagnose und Behandlung seelischer Krankheiten tätig zu sein.
Welche Titel, Fachtitel und Berufsausübungsbewilligungen eine Psychotherapeut:in hat, lässt sich in PsyReg, dem Psychologieberuferegister der Schweizerischen Eidgenossenschaft nachsehen. Die Titel sind geschützt.
Abrechnung über die Grundversicherung der Krankenkasse: Zur Ärzt:in, Psychiater:in, Psycholog:in oder Psychotherapeut:in?
Mit Berufsausübungsbewilligung des zuständigen Kantons durften Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie schon immer über die Grundversicherung der Krankenkassen abrechnen.
Mit Bewilligung des zuständigen Kantons dürfen nun seit Mitte 2022 eidgenössisch anerkannte Psychotherapeut:innen ebenfalls zulasten der Grundversicherung tätig sein. Allerdings benötigen sie jeweils für 15 Sitzungen eine sogenannte Anordnung psychologischer Psychotherapie. Diese darf entweder eine Hausärzt:in oder eine Psychiater:in ausstellen. Weitere 15 Stunden können vom anordnenden Arzt verschrieben werden. Mehr als 30 Sitzungen benötigen dann zwingend einen Bericht und eine Beurteilung durch eine Psychiater:in. Danach müssen die jeweiligen Krankenkassen die weiteren Sitzungen genehmigen.
Worin unterscheiden sich nun Fachärzt:innen Psychiatrie und Psychotherapie und eidgenössisch anerkannte Psychotherapeut:in?
Beide dürfen mit Bewilligung der Gesundheitsdirektion seelische Krankheiten diagnostizieren und behandeln.
Nur die Fachärzt:innen dürfen: Medikamente verschreiben, Menschen krankschreiben und – wenn nötig – zu ihrem Schutz in Kliniken einweisen.